Um optimale Bedingungen für die Biodiversität, Regenwasserspeicherung und Solarstrom zu schaffen, setzt der Verein Solarspar auf dem Dach der Winterthurer Seniorenresidenz Eichgut erstmals neu entwickelte Photovoltaik-Module ein.
Zusammen mit einem Forscherteam der ZHAW wurde ein ausgeklügeltes System ausgearbeitet, das neue Erkenntnisse für die optimale Nutzung von Gründächern in Kombination mit Solarenergieerzeugung liefern soll. Die Stadtwerke Winterthur unterstützen das Pilotprojekt beim Verbrauch des produzierten Sonnenstroms und der Klimafonds hat einen Forschungsbeitrag gesprochen.
Das neue Energiegesetz legt fest, dass in der Schweiz bis 2050 die gesamte Stromproduktion aus erneuerbaren Energien stammen muss, zu 20 Prozent aus Solarenergie. Für die Solarnutzung bieten sich Flachdächer wie dasjenige der Residenz Eichgut an, da die Ausrichtung der Module angepasst werden kann. Gleichzeitig wird mit der Bepflanzung der zunehmenden Hitze in den Städten entgegengewirkt. Bis heute gibt es aber nur wenige Gründächer, die auch Solarstrom liefern, da der Platz für eine kombinierte Lösung mit handelsüblichen Photovoltaik-Anlagen meist zu knapp ist und das Pflanzenwachstum die Solarmodule beschatten kann. Gründächer haben aber viele Vorteile: Sie entlasten das Abwassersystem, kühlen, verbessern die Luftqualität dank CO2-Bindung und verlängern die Lebensdauer der Dachabdichtung. Zudem bieten sie Lebensraum für zahlreiche Insekten und tragen zur Biodiversität bei.
Diese Fakten vor Augen hat sich die Stiftung Hülfsgesellschaft an den Verein Solarspar gewandt, um eine moderne Photovoltaikanlage zusammen mit einem Gründach errichten zu lassen. Solarspar sucht mit der ZHAW Winterthur und Wädenswil seit 2012 nach neuen Methoden, um solare Energienutzung in Verbindung mit Begrünung optimal zu nutzen. Eine Versuchsanlage auf dem Werkhof Scheidegg der Stadtwerke Winterthur zeigte den Partnern die Stärken und Schwächen kombinierter Lösungen auf. So konnte erstmals wissenschaftlich nachgewiesen werden, dass durch eine Bepflanzung unter den Modulen kein wesentlicher Kühleffekt zu verzeichnen ist. Die Auswertung der Käferfallen hingegen beweist eine positive Auswirkung auf die Biodiversität.
Weitere Tests zeigten, dass sich bei Gründächern mit Solarstromanlagen eine vertikale Aufständerung mit bifazialen Modulen anbietet. Wenn beide Seiten der Solarzellen von der Sonne beschienen werden, und eine Ost-West-Ausrichtung gewählt wird, werden die maximalen Erträge am frühen Morgen und am Nachmittag erzielt. Dann, wenn herkömmliche Anlagen, die zur Mittagszeit am meisten Strom produzieren, weniger effektiv sind. Ein heller Untergrund mit silbriglaubigen Pflanzen – wie Sonnenröschen und Thymian – und weissem Zierkies begünstigt die Reflektion des Sonnenlichts und führt zu einem Mehrertrag in der Solarstromproduktion. Weil aber handelsübliche 60-Zellen-PV-Module wegen des Schattenwurfs nur in grossen Abständen montiert werden können und bei einer vertikalen Montage die Statik bei Wind stark beansprucht wird, haben sich die Initianten entschieden, auf der Seniorenresidenz speziell angefertigte Kleinmodule mit 20 Zellen auf einer Unterkonstruktion der Firma Zinco zu montieren.
Mit der Solaranlage auf dem bepflanzten Eichgut-Dach gehen die Partner neue Wege. Bis anhin gibt es noch keine Möglichkeit, Ertrag und Wirkung zu simulieren. Erstmals kann nun am Prototypen gemessen werden, wie sich eine vertikal aufgeständerte Lösung mit kleineren bifazialen Modulen in der Anwendung bewährt. Die Hülfsgesellschaft Winterthur beweist durch die Bereitstellung des Flachdaches grosses Vertrauen in die Forschung der ZHAW und Solarspar und engagiert sich für zukunftsweisende Projekte. Unterstützt wird das Pilotprojekt vom Klimafonds der Stadtwerke Winterthur, der im Juni 2017 einen Beitrag von 49'000 Franken für die Auswertung der Forschungsergebnisse und die Projektleitung gesprochen hat.
Auf dem Lagergebäude des Zürcher Opernhauses produzieren 2660 aufgeständerte Solarmodule ab Sommer 2019 rund 850 000 Kilowattstunden Strom aus der Sonne. Die Panels sind je zur Hälfte nach Osten und Westen ausgerichtet. Die intensiv begrünte Fläche darunter wird von vier Mährobotern in Form gehalten. Damit sie ungehindert ihre Kreise ziehen können, müssen alle Leitungen und anderen störenden Elemente eingegraben sein. Auch das Gehäuse der Mähroboter muss modifiziert werden, damit keine ungemähten Ränder stehen bleiben. Ohne diese innovativen Mähroboter müsste das grosse Dach drei- bis viermal im Jahr von Hand ausgejätet werden.
Am ERFA «Photovoltaik Dachdichtigkeit und Gründach» von Swissolar im September 2018 berichtet unser Projektpartner Dr. Stephan Brenneisen über die Erfahrungen mit PV-Gründächern.