Kein Plug-and-Play in den Schweizer Alpen

Bild: Christian Schwarz I Unsplash
Bild: Christian Schwarz I Unsplash

Alpine Solaranlagen sind im Trend. Gross war die Euphorie, die Projekte sprossen wie Wildkräuter vor allem aus dem Walliser Boden. Mittlerweile ist Ernüchterung eingekehrt. War wohl nicht so ganz durchdacht, die bürgerliche Solaroffensive. Die Schweizer Berghilfe packt das Thema anders an: Sie lanciert ein Programm, um Kleinunternehmen in Berggebieten zu Sonnenkraftwerken zu verhelfen. 

Auch die Berghilfe weiss, dass in Berggebieten das ganze Jahr über Strom produziert werden kann, insbesondere im Winter, wenn die kalte Luft die Wirkung der Solarmodule noch erhöht. Das neue Programm bietet Bauwilligen in einem vereinfachten Verfahren finanzielle Unterstützung an. Bis zur Hälfte der Investitionskosten will die Organisation zuschiessen. Berghilfe-Geschäftsführer Kurt Zgraggen ist überzeugt: «Mit den Solaranlagen können die Unternehmen ihre Energiekosten senken und durch den Verkauf von überschüssigem Strom zusätzliche Einnahmen generieren.»

 

Auf zusätzliche Einnahmen dürfen sich auch Betreiberinnen von Solaranlagen am Balkon freuen. Die SRF-Konsumentensendung «Espresso» hat sich des Themas angenommen, weil sich verschiedene Stromkundinnen meldeten, die Schwierigkeiten mit ihrem Stromabnehmer hatten. Entweder gab es gar keine Vergütung oder nur bei einer Installation durch eine Fachperson. Die Eidgenössische Elektrizitätskommission ElCom bekräftigt jedoch: «Der Netzbetreiber hat in seinem Netzgebiet die ihm angebotene Elektrizität aus erneuerbaren Energien abzunehmen und angemessen zu vergüten.» Das gilt auch für steckerfertige Plug-and-Play-Anlagen. Und das Eidgenössische Starkstrominspektorat ESTI hält fest, es brauche keine Elektroinstallateurin, die Anlage müsse einzig dem Verteilnetzbetreiber gemeldet werden.

 

Nicht zufrieden sind die Elektrizitätswerke mit diesen Vorgaben. Zu viel Aufwand bei zu geringem Ertrag. Der Verband der Unternehmen VSE fordert gar, im Rahmen der Revision des Energiegesetzes, die Vergütungspflicht für Kleinstanlagen aufzuheben. Offenbar hat «Espresso» herausgefunden, dass die ElCom beim Bundesamt für Energie genau dasselbe beantragt hat.

 

Wer allerdings im letzten Herbst auf das Angebot der CKW aufsprang, die in der ganzen Schweiz mit Spitzeneinspeisetarifen rund 3’000 private Solarstromproduzentinnen aus der ganzen Schweiz abwarb, ist ebenfalls ernüchtert. Damals sagte der CKW-Geschäftsführer zu SRF: «Wir wollen den Solarausbau fördern. Wir finden es stossend, dass es in der aktuellen Situation mit den hohen Strompreisen einzelne Produzenten von Solarstrom eine sehr tiefe Vergütung erhalten.» Tatsächlich boten sie Wechselwilligen damals über 30 Rappen für eine Kilowattstunde.

 

Damit ist es vorbei. Auf rund zehn Rappen ist der Preis mittlerweile geschrumpft. Swissolar will zwar keinen Schutz vor Preisschwankungen für Solarstromproduzentinnen, dennoch sei es fragwürdig, den Eindruck zu erwecken, dass die Preise hoch bleiben würden. Mit dem Thema wird sich auch das Parlament auseinandersetzen müssen, es erwägt nämlich endlich einen landesweit einheitlichen Einspeisetarif festzulegen. Das schliesst zwar Preisschwankungen nicht aus, aber Abwerbeaktionen wie die von den CKW wären dann nicht mehr möglich.

 

Auch die alpine Solaroffensive wird das Parlament weiter beschäftigen. Insbesondere ein Thema hat den Sturm und Drang auf unberührte Landschaften gedämpft: Wie soll der hochalpin produzierte Solarstrom denn dorthin gelangen, wo er am dringendsten gebraucht wird? Solarspar Geschäftsleiter Markus Chrétien hat sich in einem Interview klar dazu geäussert: «Photovoltaik-Anlagen, die über der Nebelgrenze liegen, produzieren auch im Winter viel Strom und können so einen Beitrag dazu leisten, die befürchtete Stromlücke auszugleichen. Alpinen Grossanlagen, wie sie derzeit im Wallis geplant werden, stehe ich aber kritisch gegenüber. Einerseits fehlt die Infrastruktur. Noch wichtiger ist aber die Frage: Wie wird die Anlage ans Netz angeschlossen? Denn die Stromleitungen, die den dort produzierten Strom abtransportieren könnten, fehlen genauso wie Wechselrichterstationen.»

 

Alpine Grossanlagen funktionieren eben nicht nach dem Plug-and-Play-Prinzip, also einstecken und schon fliesst der Strom. Da braucht es noch andere massive Bauten, um das wertvolle Gut in die Ballungszentren zu verfrachten. Mal sehen, was dem Parlament zu diesem pikanten Thema ab nächster Woche einfällt. 

Christa Dettwiler