Es sind furchtbare Bilder, ganz besonders jetzt, wo die Welt einzufrieren beginnt. Zerstörte Häuser, Strassen und Bahnhöfe. Brennende Öl-Depots und Wälder und Felder. Ganz zu schweigen von den zerstörten Leben und verstörten Menschen. Krieg ist furchtbar, ganz einfach. Dass Krieg neben dem Leid, das er anrichtet, auch das Klima massiv schädigt, wird höchstens als Kollateralschaden vermerkt.
Patrik Berlinger von der Helvetas hat sich das Thema vorgenommen und etwas genauer hingeschaut. Armeen, schreibt er, verantworteten bis zu sechs Prozent der globalen Treibhausgase. Dazu schädigen sie Böden und Gewässer. Ihm ist aufgefallen, dass die militärischen Emissionen in den Reduktionszielen einzelner Länder gar nicht vorkommen. Das Militär hat einen Freipass, wenn es um Umweltzerstörung und die Schädigung des Weltklimas geht.
Berlinger zeigt am Beispiel der Ukraine, wie massiv Kriegsschäden sein können. Die Ukraine ist ein hochindustrialisiertes Land. Es gehört zu den fünf grössten Exporteuren von Getreide, Mais und Ölsaaten. Dazu kommen Eisen- und Stahlproduktion. Es betreibt in Odessa einen grossen Hafen. Seit Russland die Ukraine in einen Krieg verwickelt hat, sind uns Bilder von brennenden Öl-Depots, zerstörten Panzern und brennenden Wäldern nur zu vertraut geworden.
Die verpestete Luft, die mit auslaufendem Öl, Schwermetallen und Chemikalien verseuchten Böden und Gewässer, die toten Fische, die riesigen Mengen CO2, die sieht man auf den Bildern nicht. Aber sie sind genauso real wie die sichtbare Zerstörung.
So habe der russische Angriffskrieg laut der internationalen NGO «Climate Focus» in den ersten sieben Monaten klimaschädliche Treibhausgas-Emissionen von mindestens 100 Millionen Tonnen verursacht – doppelt so viel wie die Schweiz in einem ganzen Jahr. Dabei weist «Climate Focus» darauf hin, dass ein Grossteil dieser Emissionen beim Wiederaufbau ziviler Infrastruktur entstünden, da dafür riesige Mengen Beton notwendig seien. Auch das ein Aspekt, der generell nicht wahrgenommen wird.
Dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj allerdings sind diese Tatsachen durchaus bewusst. In einer Botschaft zu Beginn des diesjährigen Klimagipfels forderte er die Staaten auf, eine «globable Plattform zur Bewertung der Auswirkungen militärischer Aktivitäten auf Klima und Umwelt» zu unterstützen. Zudem sollten die Aggressoren, in diesem Fall Russland, dazu verpflichtet werden, für die Klima- und Umweltschäden aufzukommen.
Patrik Berlinger weist in seinem Artikel jedoch darauf hin, dass das wohl Wunschdenken bleiben wird: «Als eines der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats mit Vetorecht ist Russland schlicht zu mächtig.» Immerhin soll das Thema am nächsten Klimagipfel in den Vereinigten Arabischen Emiraten auf der Traktandenliste erscheinen.
Es ist allerdings ein weiter Weg bis dahin, denn bislang gibt es schlicht keine vollständigen Daten über den CO2-Fussabruck, den Armeen hinterlassen. Er dürfte gross sein, sehr gross. So stösst etwa der F-35 Kampfjet der US-Luftwaffe pro 100 geflogene Seemeilen (ca. 185 km) so viel CO2 aus wie ein Benzinauto in einem Jahr. Der Fussabdruck des US-Militärs allein ist jedenfalls grösser als der etlicher Länder. Und weltweit rüsten die Armeen weiter auf.
Im vergangenen Jahr, schreibt Berlinger, durchbrachen die globalen Militärausgaben die Schallgrenze von 2’000 Milliarden US-Dollar. Da will die Schweiz natürlich nicht zurückstehen. Das Parlament hat im Frühsommer einer milliardenschweren Aufstockung der Armeeausgaben zugestimmt. Auch der Kaufvertrag für 36 neue F-35 Kampfjets ist unterschrieben, während das VBS treuherzig an einem Aktionsplan Energie und Klima werkelt.
Christa Dettwiler