Die Sonne scheint. Und scheint. Und scheint. Am Flughafen herrscht Chaos. Am Gotthard Stau. Man drängelt nach Süden. In die Hitze, die Dürre, die Brände. Und das freiwillig, mit Vorfreude sogar. Ist es etwas Genetisches? Von der Evolution ins menschliche Programm geschrieben? Oder ist der Dang, dem herrschenden Chaos wenigstens zeitweise zu entfliehen, ganz einfach stärker als die Vernunft?
Verständlich, dass man einfach weg will von Krieg, Krise und Klimawandel, die unlösbar scheinenden Probleme in Drinks mit Schirmchen ersäufen und dem Meer beim Meersein zusehen möchte. Auf das eine Flugticket, auf die eine lange Autofahrt kommt es schliesslich auch nicht mehr an. Ausser natürlich, Hunderttausende denken dasselbe …
Keine Angst, auch für die Daheimgebliebenen gibt es nicht nur miese Nachrichten. Da wäre etwa die letzte Woche vom Bundesamt für Energie BFE veröffentlichte Sonnenenergie-Statistik des vergangenen Jahres. Satte 43 Prozent mehr Photovoltaik wurden in der Schweiz installiert. Alle Anlagen zusammen lieferten den neuen Rekordwert von 683 Megawatt und liessen die Gesamtleistung des Stroms aus der Sonne auf 3,65 Gigawatt ansteigen. Kleiner Wermutstropfen: Das deckt trotz aller Spitzenwerte gerade einmal sechs Prozent des Schweizer Strombedarfs.
Dieser letzte Wert zeigt auf, wie riesig das Ausbaupotenzial noch ist. Es auszuschöpfen ist keine Hexerei. Die «Hardware» stünde bereit: Um den Ausstieg aus fossilen Energien und Atomkraft zu kompensieren, genügt es, 40 Prozent der bestehenden Dachflächen der Schweiz mit Solarpanels einzudecken, schreibt das BFE. Es mangelt an der «Software», an den Rahmenbedingungen, die Investitionen in Solarenergie attraktiv und rentabel machen.
So moniert die Schweizerische Energie Stiftung SES, die Photovoltaik werde in den neuen Verordnungen im Energiebereich weiterhin benachteiligt. Da sind zum einen die neu vorgesehenen Auktionen für grosse Solaranlagen, die einzelne Grossprojekte bevorzugen und kleinere Projekte faktisch von Förderungen ausschliessen. Die SES schlägt vor, separate Auktionen für verschiedene Anlagengrössen und –typen durchzuführen. Klingt doch eigentlich sehr vernünftig.
Dann sind da wieder einmal die angepassten Vergütungssätze. Dass die Photovoltaik am wenigsten Geld pro zusätzliche Kilowattstunde erhalten soll, ist mehr als stossend. Die SES meint dazu: «Das ist schwer verständlich und im Widerspruch zum erklärten Ziel, die Mittel aus dem Netzzuschlagfonds effizient einzusetzen. Statt billige PV-Anlagen zu fördern, werden diese Kilowattstunden durch Förderungen anderer Technologien mit teils deutlich höheren externen Kosten, z.B. durch Schäden an Natur und Landschaft, verdrängt.» Dabei geht es insbesondere darum, dass die teure Wasserkraftförderung (ohne Winterstromkomponente) zu viele Mittel binde, die dann für die Sonnenenergie fehlten.
Es ist zum Haare raufen, dass beim Ausbau erneuerbarer Energien, insbesondere der Sonnenenergie, immer noch geschmürzelet wird. Es ist schlichtweg ein Skandal, angesichts der Milliarden, die nach wie vor in ausländische, hauptsächlich fossile Energieträger abfliessen.
Vielleicht trifft ja den einen Politiker, die andere Parlamentarierin unter der stechenden Sonne, zwischen Sand und Strandbar doch noch die Erleuchtung, dass der schnelle Ausbau von Solarenergie unsere beste Option ist, um zumindest aus einer Krise herauszukommen.
Christa Dettwiler