Hand anlegen für die Energiewende

Bild: Depositphotos I TReinhard
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Laut dem Verband Schweizer Energieunternehmen VSE rechnet die Hälfte der Stromversorger damit, dass sie ihre Tarife künftig um 20 Prozent oder mehr erhöhen müssen. Teuer wird’s vor allem für jene, die wenig eigenen Strom produzieren und den Löwenanteil am Markt beschaffen. Wohl dem, der eine Solaranlage auf dem Dach hat! Wenn da nur nicht diese Grünen und Umweltschützerinnen wären …

Der Präsident von Economiesuisse, Christoph Mäder, liess sich letzte Woche im Tages-Anzeiger über «grüne Schatten auf den Solarpanels» aus. Zwar räumt er dem Sonnenstrom gnädig «eine wichtige Rolle in der zukünftigen Versorgungssicherheit» ein, relativiert sie dann aber mit den bekannten Einschränkungen: Praktisch nur Strom im Sommer, Private tun zu wenig, Zubau erfolgt zu langsam und eben, die Umwelt- und Landschaftsschützer, die den zügigen Ausbau blockieren. Während die Economiesuisse solide auf ihren «fünf Grundpfeilern einer sicheren, nachhaltigen und wirtschaftlichen Stromversorgung» steht, verlangt sie «ein Umschwenken der links-grünen Energiepolitik, die momentan in einem Widerspruch gefangen ist, einerseits auf Solarenergie zu bauen und andererseits Solaranlagen nicht bauen zu wollen».

 

Die Replik auf diese doch etwas ausgeleierten Behauptungen liess nicht lange auf sich warten. Tags darauf wandten sich Jürg Grossen, Präsident von Swissolar, und Gianni Operto, Präsident der Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz AEE Suisse, an die «Bedenkenträger», die Schatten herbeiredeten. Sie verwiesen unter anderem auch darauf, dass der Solarzubau im letzten Jahr um fast 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr gewachsen ist – offenbar trotz mäkelnder Umweltschützerinnen.

 

Angesichts der happig steigenden Preise für die kostbare Energie aus der Steckdose dürfte die Attraktivität eines Kraftwerks auf dem eigenen Hausdach auch bei jenen steigen, die keine Überzeugungstäter sind. Ihnen allen seien die Selbstbaugenossenschaften ans Herz gelegt: Wer mit anpackt, spart Geld bei der Installation. Eigenleistung ist etwa bei den Vorbereitungsarbeiten gefragt: Ziegel anheben, Haken einsetzen, Halteschienen anschrauben, Panels platzieren … Alles unter Anleitung einer Fachperson. 

 

Aktuell gibt es in der Schweiz 16 Selbstbaugenossenschaften. Etwa die Energiewendegenossenschaft, die schon um die 600 Projekte umgesetzt hat. Selbstbauerinnen sparen nicht nur Geld bei der Installation, sie kennen auch ihr Kraftwerk in- und auswendig. «Dieser Punkt», schreibt die Organisation, «war für die Bauherrschaft bei den bereits installierten Anlagen entscheidender, als die Kostenersparung».

 

Regelmässig schreibt die Genossenschaft auch zweitätige Solarkurse aus für alle, die verstehen wollen, wie aus Sonnenlicht Strom gewonnen wird oder die beim Bau eben selbst mit anpacken möchten. Kurse sind im Juni, September und Oktober in Bern und Olten geplant. 

 

Zurzeit erlebt die Genossenschaft, die vor sieben Jahren gegründet wurde, einen kleinen Boom. Walter Sachs, Präsident des Verbands unabhängiger Energieerzeuger Vese, ist überzeugt, ohne die Selbstbaugenossenschaften wären viele Solaranlagen gar nicht gebaut worden. Er fordert klar und deutlich eine bessere Investitionssicherheit, etwa einen fixen Abnahmepreis für den Strom über 20 Jahre. Denn: «Mit den richtigen Anreizen können wir das Potenzial der Sonnenenergie noch viel besser nutzen.»

 

Und hier trifft sich der Vese wieder mit der Economiesuisse. Denn auch Christoph Mäder stösst ins gleiche Horn: «Dort, wo wir auf Solarenergie setzen, braucht es eine Marktöffnung, die eine marktgerechte Vergütung für Private ermöglicht.» 

 

Bleibt die Frage: Wenn sich doch alle so einig sind, warum gibt’s denn diese «marktgerechte Vergütung für Private» immer noch nicht?

Christa Dettwiler