Die Energie wird gratis geliefert. In Mengen, die die Welt um ein Mehrfaches antreiben könnten. Ja, natürlich geht es um die Sonne. Alle zusammen verbrauchen wir ungefähr 600 Exajoule pro Jahr, die Sonne liefert etwa das 10 000-fache. Exa, übrigens, entspricht einer Trillion Joule oder 277 778 Milliarden Kilowattstunden. Es geht also um gigantische Mengen Energie. Die Technologie, die Strahlen der Sonne in Strom umzuwandeln, macht grosse Sprünge.
Der Schweizer Solarhersteller Megasol, der eben mit einer aufsehenerregenden Solarfassade in Basel punkten konnte, hat das Effizienzpotenzial von Solarmodulen auf 28 Prozent gesteigert. Das Unternehmen setzt nicht auf stets grössere Anlagen mit sperrigen Modulen. «Wir haben in der Entwicklung von Zelltechnologien schon früh einen anderen Weg eingeschlagen», sagt Markus Gisler, Gründer und CEO des grössten Schweizer Solarherstellers.
Das Unternehmen setzt auf HiR Solarmodule. Damit wurde die Effizienz beträchtlich erhöht und die Lebensdauer beachtlich verlängert. Diese hocheffizienten Zellen funktionieren nicht nur im Labor, Megasol liefert sie heute schon weltweit in grossen Mengen aus. Auch die Staumauer des glarnerischen Muttsees wurde mit dieser Technologie ausgestattet. Über 5 000 HiR Module wurden in dieser grössten hochalpinen Solaranlage Europas verbaut.
Auch in unserem Nachbarland wird an der Solartechnologie getüftelt und geforscht, um sie für die Zukunft noch fitter zu machen. Denn der Energiehunger der Welt wächst kontinuierlich. Der Solartechnologie kommt im Stillen dieses Hungers eine Schlüsselaufgabe zu. Der Stuttgarter Physikprofessor Michael Saliba gilt als einer der Superstars, wenn es um Wirkungsgrade von Solarzellen geht. Der Direktor des Instituts für Fotovoltaik an der Uni Stuttgart hat nun voller Zuversicht ein Start-up für die Vermarktung seiner Forschungsobjekte gegründet.
Seine neue, hochwirksame Technik wurde heuer mit dem «Curious-Mind-Forscherpreis» in der Kategorie Materialien und Wirkstoffe ausgezeichnet. Was derart für Furore sorgt, ist die Aussicht, dass die neue Technik in nicht allzu ferner Zukunft einen Wirkungsgrad von bis zu 35 Prozent erreichen soll. Aktuell ist die praktische Anwendung aber noch ein Stück entfernt.
Die sogenannten Perowskit-Zellen weisen nicht nur einen sehr hohen Wirkungsgrad auf, die haarfeinen Schichten lassen sich auch auf ganz unterschiedlichen Flächen verarbeiten. Den Forschern schwebt eine Anwendung auf Tablet-Computern, Mobiltelefonen und Ähnlichem vor. Damit würden Kabel überflüssig, die Geräte würden direkt mit Sonnenlicht geladen.
Mit dem millionenschweren Programm, das die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG aufgelegt hat, und das den Weg zur praktischen Anwendung ebnen soll, sind die Forschenden zuversichtlich, den Sprung in die Praxis zu meistern. Noch ist das Objekt der Begierde etwas kleiner als eine Briefmarke. Doch die Aussichten sind vielversprechend. Perowskit-Kristalle kommen zwar auch in der Natur vor, für die breite Anwendung werden diese Halbleiter aber aus Metallsalzen gewonnen, und können ganz einfach als Flüssigkeit aufgetragen werden. Ihr grosser Vorteil: Sie erzeugen auch aus blauen und grünen Lichtwellen Strom, nicht nur aus dem roten Anteil wie herkömmliche Siliziumzellen.
Salibas neues Start-up hat eine Fertigungstechnik entwickelt, mit dem die Perowskit-Halbleiter auf Siliziumoberflächen gedruckt werden können. Der Forscher sieht für diese Entwicklung eine grosse Zukunft voraus: «Die Siliziumtechnik ist zum Kern der milliardenschweren Digitalindustrien im kalifornischen Silicon Valley geworden», schwärmt Michael Saliba. «Ähnliches könnte mit unseren Impulsen gelingen. Dann haben wir in wenigen Jahrzehnten ein schwäbisches Perowskit Valley.»
Christa Dettwiler