Zukunft für eine Handvoll Dollar

Foto: Lucas Favre auf Unsplash
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Die Einladung in die «Blaue Zone» am Glasgower Klimagipfel klingt verführerisch: Ein Treffen mit einem bekannten englischen Schauspieler. Er wird «die wissenschaftsbasierte Lösung» präsentieren, «die den Klimawandel schnell umkehrt», und erst noch 80 Prozent billiger. Allein das wäre eine Reise nach Schottland wert. Für einen Grossteil der Menschen aus dem globalen Süden allerdings, die am meisten unter der Erderwärmung leiden und Relevantes dazu zu sagen hätten, ist nicht einmal die Anreise möglich. 

«Herrgottsack», wütet Martin Meili im «Blick». «Es ist doch genug Geld vorhanden, alle wissen, was zu tun ist.» Anstatt sich ins Weltall schiessen zu lassen, sich fette Schlitten, Südseeinseln oder Traumvillen unter den Nagel zu reissen, haben die Schweizer Brüder die Stiftung «Clima Now» gegründet. Damit wollen sie möglichst viele Menschen in den Klimaschutz einbinden. Mit «Spotlight» hat die Stiftung entsprechende Projekte gesucht, unter denen das Publikum die Vielversprechendsten auswählen kann. Die Gewinnerprojekte werden dann aus dem Stiftungsfonds mitfinanziert.

 

Die Meilis wollen mit «Clima Now» eine Bewegung auslösen und vor allem Erben dazu motivieren, etwas Sinnvolles mit ihrem Geld zu tun. Sie waren es auch, die sich 2015 für die Erbschaftssteuer-Initiative einsetzten und damit an der Urne grandios scheiterten. Das hat sie nicht gebremst. Das angepeilte 100 Millionen Stiftungsvermögen soll nämlich vorwiegend aus Erbschaften stammen. Daniel Meili: «Pro Jahr werden in der Schweiz an die 95 Milliarden Franken vererbt. Wenn nur ein Promille davon in die Stiftung fliesst, wären das 95 Millionen – jedes Jahr.»

 

In Deutschland und Österreich haben 36 Millionärinnen die Online-Petition «taxmenow» gestartet. Besteuert mich jetzt. Sie fordern progressive Steuersätze bei der Kapitalertragssteuer, striktere Regeln gegen Steuerhinterziehung und eine Vermögenssteuer. Wie viel Kohle solche Reformen freischaufeln würden, zeigen die Zahlen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung besitzen demnach zwei Drittel des gesamten individuellen Nettovermögens.

 

Ist hier gar ein Anflug von schlechtem Gewissen im Spiel? Grund genug gäbe es dafür. Denn das reichste Prozent der Menschheit verfügt nicht nur über absurd viel Geld, es ist auch für 30-mal mehr Treibhausgase verantwortlich, als es das 1,5 Grad Ziel verkraften kann. 70 Tonnen CO2 jährlich pro Goldnase, hat eine Studie von Oxfam ausgerechnet. Eine Arme kommt gerade einmal auf eine Tonne. Kein Wunder, wenn Boris Johnson, Prinz Charles oder Jeff Bezos per Privatflugzeug an den Klimagipfel in Glasgow jetten. Oder die Bransons und Musks mit einem 11-Minuten-Flug ins All mehr CO2 verursachen als die lebenslangen Emissionen eines Einzelnen aus dem Milliardenheer der Armen.

 

Die Oxfam-Studie, die in Glasgow vorgestellt wurde, nennt die Superreichen ganz ungeschminkt «ökologische Vandalen», die sich einen Freifahrtschein für die Zerstörung des Klimas gönnten. Die Zahlen der Entwicklungshilfeorganisation stützen sich auf Untersuchungen des Instituts für Europäische Umweltpolitik (IEEP) und des Stockholmers Umweltinstituts (SEI). Bemerkenswert ist, dass der klimaschädigende Geldadel nicht nur in traditionellen Industrieländern zu finden ist. Fast ein Viertel machen reiche Chinesen, ein Zehntel Inderinnen aus. 

 

Für Tim Gore, Autor der Studie bei IEEP ist klar, dass die extrem Reichen blechen sollen. Nicht nur für ihre fossil betriebenen Spielzeuge, auch für ihre klimaschädigenden Investitionen. Oder aber es geschieht ein Wunder, und die Superreichen machen es den 36 «tax me now»-Millionärinnen oder den Gebrüdern Meili nach und übernehmen Verantwortung. 

 

Auf der Webseite von «Clima Now» kann man sich übrigens unter «Spotlight» die aus 178 Vorschlägen ausgewählten 33 Projekte ansehen, die sich um Stiftungsgelder bemühen. Stimmen Sie ab, welches Projekt die besten Chancen hat, 100'000 Menschen für den Klimaschutz zu aktivieren. Lassen auch Sie sich aktivieren!

Christa Dettwiler