Glauben, meinen, wissen

Treibhausgase
Bild: Maxim Tolchinskiy auf Unsplash

Zugegeben, es ist unglaublich schwierig, sich heutzutage eine auf Fakten basierende Meinung zu bilden. Egal bei welchem Thema. Zu kontrovers, zu emotional aufgeladen sind die allermeisten Debatten. Die Argumente für die eine oder andere Seite speisen sich selten aus Fakten, sondern primär aus Weltanschauungen. Und davon gibt es bekanntlich so viele wie es Menschen auf dem Planeten gibt. 

Gerade die Klimadebatte wird äusserst emotional geführt. Das ist verständlich. Wenn die Zukunft des Planeten – und damit die Zukunft aller darauf lebenden Organismen – auf dem Spiel steht, gehen die Emotionen zwangsläufig hoch. In seinem Buch «Treibhausgasemissionen verstehen» sortiert Autor Stephan Buhofer die Fakten.

 

Zwar ist der Jurist Buhofer kein neutraler Zuschauer. Er amtet als Geschäftsführer des WWF Zug. Aber er ist ein ausgewiesener Klimaspezialist. Im Vorwort beschreibt er sein Anliegen wie folgt: «Dies ist ein Fachbuch für die Allgemeinheit. Es entspringt der Überzeugung, dass jeder Mensch ein technisches Grundwissen über den Klimawandel brauchen und selbst ein guter Klimaschützer sein kann.» Es ist ein lobenswertes Unterfangen, Verständnis zu schaffen. Auf welchen Gebieten erklärt der Untertitel des Buches «Der Klimawandel im Kontext von Wissenschaft und Politik».

 

Der Inhalt thematisiert die Wirkung von Treibhausgasen, vermittelt naturwissenschaftliche Grundlagen und betrachtet den Kohlenstoffkreislauf aus einer erdgeschichtlichen Perspektive. Es geht dem Autor klar darum, Ursachen und Zusammenhänge des Klimawandels für Laien verständlich zu machen. Er hofft, durch Wissen zum Handeln anzuregen. 

 

Spannend ist zum Beispiel, wie sich die Treibhausgas-Emissionen im Gleichschritt mit Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum entwickelt haben. Zwischen 1970 und 2018 hat sich die Zahl der Menschen auf der Erde verdoppelt. Diesem Wachstum von 105 Prozent, folgen die Treibhausgas-Emissionen mit 110 Prozent. «Die Emissionen nahmen also in etwa demselben Ausmass zu wie die Bevölkerung», schreibt Buhofer. Und er stellt fest, dass der prozentuale Anstieg der CO2-Emissionen global gesehen fast völlig übereinstimme mit der Wirtschaftsleistung (BIP) pro Kopf.

 

Die Schlussfolgerung: Das Ausmass der CO2-Emissionen hängt von der Anzahl Menschen ab und davon, wie viele Güter jede und jeder Einzelne konsumiert. Kein Wunder verursacht «das eine Prozent der Weltbevölkerung mit dem höchsten Einkommen 15 Prozent aller CO2-Emissionen und die obersten zehn Prozent rund die Hälfte».

 

Die Schweiz ist ein reiches Land. So reich, dass sie sich leisten kann, ihre Emissionen quasi zu exportieren. So rühmte sie sich 2015, die Emissionen pro Kopf innert eines Jahrzehnts um ein Viertel gesenkt zu haben. Werden die CO2-Emissionen allerdings an den Gütern gemessen, die aus aller Welt in die Schweiz gelangen und hier konsumiert werden, haben die Pro-Kopf-Emissionen nicht um 25 Prozent, sondern nur um 8,5 Prozent abgenommen. Rechnet man auch das Bevölkerungswachstum mit ein – 12 Prozent in zehn Jahren – haben die durch Konsum verursachten CO2-Emissionen sogar um zwei Prozent zugenommen.

 

Allein diese Analyse der Treibhausgas-Emissionen zeigt, wie trickreich die Faktensuche in der Klimadebatte ist. Stephan Buhofer leistet mit seinem neuen Buch einen wichtigen Beitrag, damit sich auch Laien eine faktenbasierte Meinung bilden können. In der Verlagsmitteilung heisst es: «Ein gutes Verständnis der Zusammenhänge sollte aber nicht nur bei den Experten in Wissenschaft und Politik vorhanden sein – sondern auch bei den einzelnen Menschen als den Verursachern. Denn diese haben einen grossen Spielraum, Treibhausgasemissionen im persönlichen Handlungsbereich zu reduzieren. Voraussetzung dafür ist eine eigene Überzeugung.»

Christa Dettwiler 

 

Stephan Buhofer: Treibhausgasemissionen verstehen – Der Klimawandel im Kontext von Wissenschaft und Politik, oekom-Verlag München, 2021, CHF 28.90