Was kostet die Welt?

Photo: Wexor Tmg auf Unsplash
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Wie viel ist uns die Natur wert? Diese spannende Frage stellte die britische Regierung dem britischen Wirtschaftswissenschaftler Partha Dasgupta, Professor am St. John’s College der University of Cambridge. Sein umfassender Report zur Ökonomie der Biodiversität erlaubt faszinierende Einsichten in die Art und Weise, wie wir Menschen mit der Natur um uns herum umgehen.   

Den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen lassen wir uns jährlich zwischen 78 und 143 Milliarden US-Dollar kosten. Das entspricht 0,1 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Die Zerstörung und Ausbeutung der Natur hingegen ist uns sehr viel mehr wert: Rund 500 Milliarden Dollar lassen die Nationen springen für landwirtschaftliche Subventionen, für fossile Brennstoffe, Energieproduktion, Fischerei oder Düngemittel. Die Unterstützung dieser Branchen mit Steuergeldern verursachen weltweit Schäden an der Natur von zwischen vier und sechs Billionen Dollar.

 

Die Konsequenzen dieses Handelns sind fatal: Seit 1970 sind die Populationen von Säugetieren, Vögeln, Fischen, Reptilien und Amphibien im Durchschnitt um fast 70 Prozent zurückgegangen. Zwischen einer halben und einer Million Arten sind vom Aussterben bedroht, ein Viertel aller katalogisierten Tier- und Pflanzenarten soll bereits verloren sein. Der Klimawandel verursacht schon heute gewaltige Schäden in Form von Überschwemmungen, Dürren, Feuern und Stürmen. Und diese Schäden werden künftig noch zunehmen.

 

Die grossflächige Zerstörung und massive Ausbeutung der Natur haben zuallererst mit der gängigen Art des Wirtschaftens zu tun. Wenn alles der Ökonomie – korrekter dem kurzfristigen Profit – untergeordnet wird, muss man sich über das Resultat nicht wundern: Für ein paar Wenige geht die Rechnung auf, alle und alles andere zahlen drauf. Deshalb stellt der Dasgupta-Report die zentrale Frage: Wie kann es gelingen, die Natur und ihre Leistungen auf fundamentaler Ebene in das globale Wirtschaftssystem einzubinden?

 

Ein paar Antwortet liefert der Report: 

  • Die banale und doch weitgehend ignorierte Tatsache, dass der Mensch Teil der Natur ist, führt zur Erkenntnis, dass auch Volkswirtschaften in die Natur eingebettet sind. Und wenn natürliche Systeme zusammenbrechen, folgt über kurz oder lang auch das Aus für jede Art von Wirtschaft. 
  • Es ist weit weniger kostspielig, Ökosysteme zu schützen, statt sie wiederherzustellen. Dasgupta fordert bis 2030 einen Schutz von einem Drittel der Land- und Ozeanflächen. Heute stehen nur gerade 15 Prozent der Landflächen und sieben Prozent der Ozeane unter Schutz.
  • Die Landnutzung muss sich ändern, insbesondere wenn es um Tierhaltung geht: Sie beansprucht fast 80 Prozent der weltweiten Agrarfläche.
  • Marktpreise müssen zwingend den Verbrauch an Naturkapital widerspiegeln. 

Dasgupta will jedoch die Natur nicht einfach bepreisen. Er findet diesen Ansatz verkehrt. Es brauche eine tiefergehende Wertschätzung der Natur: «Die Güter und Dienstleistungen der Natur sind die Grundlagen unseres Wirtschaftens.» Mit anderen Worten, der Mensch müsse sich endlich bewusst werden, dass die Biosphäre «unser Zuhause» ist und wir «völlig abhängig von ihr» sind. Umweltökonom Matthew E. Kahn von der Johns Hopkins Universität stimmt ihm zu: «Was der Dasgupta-Report wirklich gut macht, er streicht den Wert dessen heraus, was uns Mutter Natur gibt, ohne einen Preis zu verlangen. Wenn man bei Starbucks einen Kaffee bestellt, muss man dafür bezahlen. Mutter Natur bietet ebenfalls Dienstleistungen, allerdings ohne dafür Rechnung zu stellen.»

 

Was nichts kostet, ist nach gängiger Meinung auch nichts wert. Dass diese Haltung keinesfalls nachhaltig sein kann, leuchtet ein, insbesondere wenn es um natürliche Ressourcen geht. Wir hätten bislang die Früchte eines anhaltenden Wirtschaftswachstums geerntet, sagt Partha Dasgupta. Und erhebt den Mahnfinger: «Die Ansprüche, die wir an die Dienstleistungen und Produkte der Natur seit Jahrzehnten stellen, überschreiten ihre Fähigkeit, das auf einer nachhaltigen Grundlage zu tun. Der Graben ist immer breiter geworden, jetzt gefährdet er das Leben unserer Nachkommen.» 

Christa Dettwiler