Nach 30 000 km ist die Klimaschuld abgegolten

Photo: Hari Nandakumar auf Unsplash
Photo: Hari Nandakumar auf Unsplash

Kürzlich, beim Grillieren, kam die Sprache auf Elektroautos. «Ach, hör doch auf, hiess es von zwei Seiten, die brauchen insgesamt mehr Energie als ein Benziner.» Dieses Argument ist bekannt. Ist es eine Schutzbehauptung, um das geliebte SUV nicht eintauschen zu müssen? Oder stimmt es sogar? 

Eine Studie des ifo-Instituts kam letztes Jahr zum Schluss, die CO₂ Bilanz eines Tesla Models 3 sei schlechter als die eines dieselbetriebenen Mercedes der C-Klasse. Allerdings rechnete die Studie bei der Batterieproduktion und beim Laden mit einem Drittel Kohlestrom. Nun hat die Technische Hochschule Eindhoven noch einmal nachgerechnet. Ihre Ergebnisse unterscheiden sich deutlich von jenen des ifo-Instituts.

 

  • Ein Tesla Model 3 verursacht pro Kilometer 91 Gramm CO₂-Äquivalent – 65 Prozent weniger als die 260 Gramm eines Mercedes C 220d.
  • Herstellung der Fahrzeuge sowie die Emissionen aus der Produktion von Strom und Treibstoff sind eingerechnet. Damit macht der Tesla seinen CO₂-Rückstand durch die Produktion der Batterie bereits nach 30 000 Kilometern wett.
  • Der Herstellungsprozess des E-Autos ist mit 51 Gramm CO₂-Äquivalent pro Kilometer für den Stromer zwar deutlich klimaschädlicher als der des Mercedes mit 32 Gramm. Beim Fahren fallen allerdings nur 40 Gramm pro Kilometer an – beim Mercedes-Diesel dagegen 228.
  • Bei kleineren Fahrzeugen verhält es sich ähnlich. So stösst ein VW eGolf pro Kilometer 78 Gramm CO₂-Äquivalent aus – 54 Prozent weniger als ein Toyota Prius mit 168 Gramm. 

Es gibt verschiedene Gründe, warum die Eindhoven-Studie zu weit besseren Werten gelangt als ältere Untersuchungen. Laut neusten Untersuchungen verursache die Produktion einer Kilowattstunde Batteriekapazität nur zwischen 75 und 85 kg CO₂ Äquivalent. Ältere Studien gingen vom Doppelten aus. Dass es bei den neuen Zahlen nicht um Kleinreden geht, bescheinigt das Schweizer Paul Scherrer Institut, das gewiss nicht als grüne Tarnorganisation bekannt ist. So liess sich der Umweltsytemwissenschaftler am PSI, Christian Bauer, im Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» zitieren: «Die Studie ist sauber durchgeführt und erklärt eingängig, wie gross die Vorteile eines Elektroautos heute bereits sind.»

 

Ein weiterer wesentlicher Faktor, der zur besseren Umweltbilanz beiträgt, ist die Lebensdauer eines E-Autos. Das ifo-Institut meinte, bei 150 000 km sei Schluss für eine Batterie. Die Eindhoven-Studie sagt: «Empirische Daten zeigen jedoch, dass moderne Batterien höchstwahrscheinlich eine Laufzeit von mehr als 500 000 km haben werden.» Das ist ein ziemlich grosser Sprung. Deshalb nahmen die Studienverfasser eine Lebensdauer von 250 000 Kilometern an, was auch den Voraussagen der Industrie entspricht.

 

Den entscheidenden Vorsprung aber holt sich ein E-Auto mit dem Treibstoff. Wenn es mit erneuerbarem Strom läuft, schlägt es jeden Verbrenner um Meilen. Der Strommix macht’s. Christian Bauer sagt dazu: «Mit Ausnahme von Polen und Estland sind E-Autos bereits heute in allen EU-Staaten signifikant klimafreundlicher als Verbrenner.» Es sei offenbar schwer, den Mythos, dass Batteriefahrzeuge umweltschädlicher als Verbrenner seien, aus den Köpfen zu bekommen.

 

Vielleicht kann der VW-Chef höchstpersönlich Zweifler zum Umdenken bewegen. Kürzlich liess er verlauten: «Elektrifizierung ist die Lösung, um die Klimaziele zu erreichen und trotzdem mobil zu bleiben», und verwies auf die Studie aus Eindhoven. Deshalb sei es aus seiner Sicht nicht sinnvoll, noch länger an Verbrenner-Technologien festzuhalten.

 

Bemerkenswerte Worte des VW-Konzernchefs Herbert Diess.  

Christa Dettwiler