Pünktlich zu den Sommerferien melden sich die meteorologischen Dienste der Schweiz, Österreichs und Deutschlands zu Wort. Sie stellen unisono fest: Extrem ist das neue Normal. Die Wetterexperten haben sich die Daten der letzten Jahrzehnte vorgenommen und das bestätigt, was wir alle am eigenen Leib spüren. Die Sommer werden immer wärmer.
Ein Phänomen zeichnet sich deutlich ab: Die Temperatur der extremsten Sommer vor 1990 ist in den letzten 30 Jahren zum Durchschnitt geworden. Und dieser Trend dürfte nicht nur anhalten, sondern zunehmen, sofern der Ausstoss von Treibhausgasen nicht jetzt und nicht radikal eingedämmt wird.
Da hilft auch keine Flucht in die Berge mehr, denn die Temperaturen steigen auch auf über 1000 m ü. M. mit schöner Regelmässigkeit auf über 30 Grad Celsius. Hohe Temperaturen über mehrere Tage und kaum Abkühlung über Nacht machen nicht nur Menschen zu schaffen. Auch Tiere und Pflanzen müssen sich an die neuen Gegebenheiten anpassen. Höhere Temperaturen trocknen die Böden aus. Das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie hat festgestellt, dass die Trockenheit während der Vegetationsperiode in den letzten Jahren zugenommen hat. Das sei in dieser Messreihe, die seit 1864 aufgezeichnet wird, einzigartig. Bäume wie Fichten oder Buchen haben Mühe, sich den neuen Gegebenheiten schnell genug anzupassen. Sie drohen aus unseren Wäldern zu verschwinden.
Die zunehmende Hitze wärmt Flüsse und Seen auf. Auch für die Wasserlebewesen heisst es: anpassen oder aussterben. Dasselbe könnte auch für den stadtbewohnenden Menschen gelten. Denn auch für diese Spezies wird es ungemütlich. Werden die früheren Extreme zum Normalfall, werden die Extreme noch extremer. Genf etwa könne statt drei Wochen Hitzetage schon in 40 Jahren fünf Wochen erwarten, Lugano statt zwei vier Wochen, warnen die Meteorologinnen und Meteorologen.
Extremer Gletscherschwund, häufigere Waldbrände, Auftauen des Permafrosts in den Alpen, steigende Nullgradgrenze – alles Auswirkungen derselben Ursache: Steigender CO2-Gehalt in der Luft. Dass die Auto-Mobilität einen grossen Anteil an dieser Ursache hat, ist bekannt. Der Bund hat versucht, per Gesetz Abhilfe zu schaffen und einen Zielwert von 130 Gramm CO2-Ausstoss pro Kilometer vorgeschrieben. Zum vierten Mal in Folge ist die Autobranche daran gescheitert. Als wäre das nicht schon bedenklich genug: Der durchschnittliche CO2-Ausstoss von neu zugelassenen Autos ist ebenfalls gestiegen.
Für das Verfehlen der Zielvorgaben werden die Autoimporteure nun zur Kasse gebeten. 78,1 Millionen Franken Strafgeld sollen sie zahlen. Wieso eigentlich? Warum werden nicht die Leute mit hohen Bussgeldern belegt, die statt sparsame oder mit Strom betriebene Kleinwagen lieber fette CO2-Schleudern kaufen? Denn das ist der Hauptgrund für die Zielverfehlung: Herr und Frau Schweizer bevorzugen tonnenschwere SUVs.
Die Bundeskasse kann sich freuen: Ab Anfang 2020 gilt neu ein Grenzwert von 95 statt 130 Gramm. Vielleicht aber wird sich das Problem zumindest kurzfristig von alleine lösen. Die Autobranche geht davon aus, dass sie Corona-bedingt nur gerade ein Viertel der Neuwagen verkaufen wird. Arbeitsplätze seien akut gefährdet, jammert sie und hat in SVP-Nationalrat Walter Wobmann einen Verbündeten gefunden. Mit einer Motion will der Ritter der Autobranche die Importeure nicht nur in diesem sondern auch im nächsten Jahr von der Strafzahlung befreien.
Ob der gute Mann die Daten der Meteorologinnen gesehen hat? Eindruck haben sie offensichtlich keinen gemacht. Was sind schon schmelzende Gletscher und aufgeheizte Städte gegen die Bedürfnisse einer florierenden Autobranche?
Christa Dettwiler
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