Diese Woche lohnt sich der Blick über die Grenze ins nahe Ausland. Vor einem Jahr rief die Stadt Konstanz am Bodensee als erste deutsche Stadt den Klimanotstand aus. Wohl auf Druck der Fridays for Future-Bewegung, aber immerhin einstimmig. Konkret müssen mittlerweile neue Häuser mit einem Solardach bestückt sein, stadteigene Gebäude werden auf Energieeffizienz getrimmt und ein weitgehend autofreies Mobilitätskonzept ist in Arbeit.
Um dem Klimaschutz Beine zu machen, bedient sich Lorenz Heublein, der die Stabsstelle Klimaschutz in Konstanz leitet, eines verblüffend simplen Kniffs:
Gemeinderäte sind verpflichtet, jeden Beschluss auf seine Folgen fürs Klima einzustufen. Dafür gibt es drei Kästchen, von denen eines anzukreuzen ist. Schnell
zeigte sich, dass das Negativ-Kästchen mit Abstand obenaus schwang. Konkret bedeutet das, dass nun jede Vorlage daraufhin abgeklopft werden muss, wie sie
klimafreundlich gestaltet werden kann.
Zwar ohne Kästchen, aber nicht minder gut fürs Klima sind die Änderungen im Energiegesetz des Kantons Zürich, die der grüne Baudirektor Martin Neukomm Ende letzte
Woche vorlegte. Künftig soll die Wärmeversorgung in neuen Häusern kein CO2 mehr verursachen und der Strom möglichst vom eigenen Hausdach stammen. Auch
bestehende Öl- und Gasheizungen sollen durch klimaneutrale Heizsysteme ersetzt werden. Immerhin gehen in der Schweiz etwa 40% des CO2 -Ausstosses auf
die Kappe von Heizungen, Kühlung und Warmwasserversorgung. Darin steckt also ein echtes Potenzial, um das Klima zu entlasten.
Als Motivation, auf klimafreundliche Varianten zu setzen, stellt der Kanton zusammen mit dem Bund 180 Millionen Franken Förderbeiträge bereit. Besonders erfreulich
an diesem Klima-Deal: alle Parteien begrüssten Neukomms Vorschlag.
Der Kästchen-Kniff wäre auch Bundesrat und Parlament wohl angestanden, als sie letzte Woche damit begannen grosszügig Steuergelder zu verteilen. Etwa bei der
100-Prozent-Tochter der Deutschen Lufthansa, der Swiss. Lukas Hässig kommentiert auf Inside-Paradeplatz: «Zuerst geben wir Taxpayer-Money, insgesamt 1,3 Milliarden
Franken, danach lassen wir den Airline-Managern freie Bahn. Diese lachen sich ins Fäustchen. Und bedanken sich überschwänglich in öffentlichen Reden.»
Es ist echt schwer fassbar, was sich die gewählten Volksvertreterinnen dabei gedacht haben. Ist es wirklich im Interesse der Steuerzahlenden, dass mit ihrem sauer
verdienten Geld ein ausländisches Unternehmen finanziert wird, das dem Klima einheizt, Dreck und Lärm verursacht, Gewinne privat verteilt? Die Frage wird
spätestens dann beantwortet, wenn über das Referendum abgestimmt wird. Dann muss sich jede Bürgerin, jeder Abstimmende sorgfältig überlegen, welches Kästchen sie
oder er ankreuzen will.
Christa Dettwiler