Und plötzlich werfen Regierungen, Länder, Staatengemeinschaften mit Millionen und Milliarden nur so um sich. «Der Bundesrat hat ein umfassendes Massnahmenpaket in der Höhe von über 60 Milliarden Franken zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Ausbreitung des Coronavirus beschlossen», gibt das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO stolz bekannt. Das macht für jede Einwohnerin ungefähr 680 Franken.
Bevor Sie nun beim SECO anrufen, um Ihre Kontonummer anzugeben – so ist der Geldsegen nicht gedacht. Wo er niedergehen soll, und welche Kässeli dafür geleert werden – darüber
dürfte in den nächsten Wochen noch heftig gestritten werden.
In erster Linie soll der darbenden Wirtschaft unter die schwächelnden Arme gegriffen werden. Immerhin rechnet der Internationale Währungsfonds mit neun Billionen (das sind
neuntausend Milliarden) Dollar Verlust für die Weltwirtschaft. Nach der Corona-Krise droht nun die Wirtschaftskrise, obwohl weltweit schon um die 8000 Milliarden Dollar
Nothilfe geleistet wird.
Bei so viel Geld erstaunt es nicht, dass es nicht an guten Ideen mangelt, wie es ausgegeben werden soll. Von «Gürtel enger schnallen» (SVP-Präsident Albert Rösti) bis zum
«umfassenden Investitionsprogramm» (SP und Grüne) ist alles dabei. Wo es herkommen soll, ist Inhalt ebenso lebhafter Debatten. Spanien will das bedingungslose Grundeinkommen
für verarmte Haushalte lancieren, auch der ehemalige Bundesratssprecher Oswald Sigg ist der Meinung, es brauche in dieser Hinsicht einen «neuen Anlauf». Er geht sogar noch
einen Schritt weiter und bringt die Mikrosteuer auf dem Zahlungsverkehr ins Spiel.
Die Idee ist bestechend: Elektronische Finanztransaktionen, vorwiegend zwischen Banken und anderen Finanzhäusern sowie Transaktionen im spekulativen Hochfrequenzhandel und bei
Hedge-Fonds könnten z.B. mit 0,1% belastet werden. Innerhalb von nur drei Monaten kämen allein in der Schweiz so bis zu 20 Milliarden Franken zusammen. Von Transaktionen
notabene, die bislang von der Mehrwertsteuer befreit sind.
Die Post-Corona-Milliarden zu generieren ist das Eine, das Andere ist: wofür? Greenpeace Österreich hat jetzt beim deutschen Forum ökologisch-soziale Marktwirtschaft (FÖS)
eine Analyse in Auftrag gegeben, wie kurzfristig notwendige Hilfsmassnahmen in Verbindung mit langfristigen Konjunkturpaketen in Österreich neue Jobs schaffen, die soziale
Ungleichheit bekämpfen und den Strukturwandel zu einer klimafreundlichen, krisenresistenten Wirtschaft einleiten können.
Das FÖS rechnet vor, wenn Österreich die Ausbauziele bei der Photovoltaik erreichen wolle, könnten 200 000 zukunftsfähige Arbeitsplätze geschaffen werden. Würden alle
klimaschädigenden Subventionen abgeschafft (Privileg für Dieseltreibstoff oder Steuerbefreiung von Kerosin) könnten 4,7 Milliarden Euro eingespart werden – jährlich. Auch in
der Schweiz werden Stimmen laut, dass etwa die Krisenintervention beim Flugverkehr an klare soziale und ökologische Bedingungen geknüpft sein muss. Auch der Ausbau des
öffentlichen Verkehrs und der Infrastruktur für Velofahrende könne jetzt ernsthaft in Angriff genommen werden, wie auch der zügige Umbau der Energieversorgung.
Adam Pawloff, Klima- und Energieexperte bei Greenpeace Österreich resümiert: «Die Fehler, die im Nachspiel der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 gemacht wurden, können wir uns
diesmal nicht leisten. Auch die kurzfristigen Hilfsmittel für Fluglinien und fossile Grosskonzerne müssen an soziale und ökologische Bedingungen geknüpft und nicht wie damals
mit der Giesskanne ausgeschüttet werden.»
Christa Dettwiler