Aus dem Jahrhundert gefallen

Kohle in Australien
Foto: Solarspar

Wie wenn es noch einen Beweis für die menschliche Unvernunft gebraucht hätte: Australien brennt und werkelt gleichzeitig weiter an einem neuen, einem der grössten Kohlebergwerke der Welt. Aus fünf Untertageminen und sechs Tagebaustätten sollen jährlich bis zu 60 Millionen Tonnen Kohle gefördert werden. 

Seit Jahren laufen Umweltschützerinnen Sturm gegen das Projekt. Nicht nur aus Klimaschutzgründen. Auch der immense Wasserverbrauch, die Zerstörung der Natur und der Transport der Kohle über das hoch gefährdete Great Barrier Reef, das grösste Korallenriff der Welt, macht ihnen Sorgen.

 

Am Pranger steht jetzt auch das deutsche Unternehmen Siemens, das Technik für den Transport der Kohle liefern soll. Deshalb erhielt Vorstandschef Joe Kaeser letzte Woche Besuch. Die junge deutsche Klima-Aktivistin Luisa Neugebauer legte ihm nahe, die Entscheidung sei «aus dem Jahrhundert gefallen». Herr Käser twitterte, Siemens müsse seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllen.

 

Klar, das ist wichtig. Das versteht nun wirklich jeder. Schliesslich stehen 18 Millionen Euro auf dem Spiel. Und darauf wollen die Aktionäre nicht verzichten. 

 

Herr Kaeser war wohl tief beeindruckt von den Argumenten, dem Fachwissen und der allgemeinen Kompetenz der jungen Aktivistin, denn er bot ihr gleich einen Sitz in einem Aufsichtsgremium ihrer Wahl an. Sie lehnte dankend ab. Kaeser bedauerte, denn es brauche Führungspersönlichkeiten, die zusammen «zielkonfliktäre Systeme» verstünden und auflösten – der Umwelt zuliebe. 

 

Den Ausdruck muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Was meint Herr Kaeser wohl damit? Zielkonflikte wie Klimaschutz vs. Dividenden? Vernunft vs. Profit? Kaputte Umwelt vs. volle Kassen? 

 

Ach ja, was Herr Kaeser auch noch sagte, nachdem er auf Kohleauftrag beharrte: Der Siemenskonzern wolle ein wirksames Nachhaltigkeitsgremium schaffen, um Umweltfragen in Zukunft besser zu managen.

 

In Zukunft, halt. 

 

Christa Dettwiler