"Wir haben genügend 'besetztes' Gebiet für Solaranlagen."

Reto Kuhn, Geschäftsleiter Solarspar. Foto: Franca Pedrazetti

Gespräch mit dem neuen Geschäftsleiter Solarspar

Wie erklärst du den Klimawandel deinen Kindern?
Reto Kuhn: "Mir ist es wichtig, dass meine Kinder eine Gesamtsicht erhalten. Warmes Wasser kommt nicht einfach aus der Leitung, und wenn wir Fleisch essen, brauchen die Tiere Futter und Wasser, Pflege und eine gewisse Infrastruktur, und letztlich muss das Tier auch sterben. Ich lege Wert darauf, dass bereits Kinder lernen, bewusst zu entscheiden und die Konsequenzen zu verstehen. Dabei müssen wir nicht auf alles verzichten, aber mit dieser Art Sensibilisierung verstehen sie etwa, dass es nicht notwendig ist, im Winter zuhause im T-Shirt herumzulaufen."  

Wie sehen deine privaten Klimaschutzmassnahmen aus?
Ich esse weniger Fleisch als früher. Wir haben ein Elektroauto und wenn wir reisen, schätzen wir Ferien in der Schweiz oder in Europa. Wir versuchen wenn möglich mit dem Zug zu fahren. Daneben gibt es Alltagsgewohnheiten, wie beispielsweise das Wasser im Kochtopf mit einem Deckel aufzukochen.

Was hältst du von den Bemühungen der Schweiz, den Klimawandel einzudämmen?
Ich denke, wir sind auf einem guten Weg, auch wenn wir die Situation verschlafen haben. Mich ärgert etwas, wie viele Leute - gerade auch Politiker - die Situation verleugnen. Es gibt so viele Falschaussagen. Hier wäre es notwendig, die Bevölkerung zu sensibilisieren. Sehr schade ist, dass wir bezüglich CO2-Gesetz nur kleine Schritte machen.

Was bräuchte es, damit die Energiewende in der Schweiz endlich so richtig in Schwung käme?
Umweltschutz muss ganz einfach attraktiver sein, als nicht auf die Welt um uns herum zu achten. Als letztes Jahr die Energie massiv teurer geworden ist, wurde die Solarbranche richtiggehend überrannt. Hier muss meiner Meinung nach der Staat entsprechende Mechanismen einsetzen beziehungsweise ausbauen.

Wird Solarspar je ins Geschäft mit alpinen Solaranlagen einsteigen?
Eine alpine Solaranlage kann sinnvoll sein, so zum Beispiel bei Staumauern. Unbelastete Natur für Solaranlagen zu nützen, kommt für uns nicht infrage. Es gibt genügend vom Menschen "besetztes" Gebiet, etwa Dächer, Parkplätze oder Schallschutzwände an Autobahnen. Wir verfügen über genügend Möglichkeiten, die Solarenergie auszubauen, ohne weiter in die Natur eingreifen zu müssen.

Sparen ist ein unbeliebtes Wort, dabei trägt es der Verein, den du nun führst, in seinem Namen. Wird künftig bei Solarspar mehr gespart?
Wir möchten den Fokus stärker darauflegen, dass die Energie, die ja hergestellt werden muss, auch optimal eingesetzt wird. Jede produzierte Kilowattstunde Energie kann nur ein Mal genutzt werden, also ist es entscheidend, sie am richtigen Ort einzusetzen. Deshalb werden wir uns immer mehr auf das gesamte Energiesystem fokussieren. Wenn beispielsweise ein Elektrofahrzeug in der Garage steht, sollte das Fahrzeug geladen werden, und anstatt die Energie ins Netz zurück zu speisen, kann damit der Warmwasserspeicher aufgefüllt werden. Letztlich hat jede nicht verbrauchte Kilowattstunde den grössten Wert, da sie keine Kosten und keine Umweltbelastung verursacht.

Kannst du etwas zur künftigen Entwicklung von Solarspar sagen?
Wir haben nun die notwendigen Voraussetzungen geschaffen, damit es wieder möglich ist, Darlehen in Form von Partizipationsscheinen zu gewähren. Mit dieser Möglichkeit können wir wesentlich mehr Anlagen bauen als bis anhin. Wir möchten Investorinnen und Investoren attraktive Möglichkeiten bieten. Sie erhalten aktuell einen Zins von 2.25 Prozent. Das ist spannender, als das Geld auf der Bank zu belassen. Gleichzeitig bemühen wir uns, unseren Solarstrom zu Preisen anzubieten, die tiefer sind als jene für  Strom vom Netz. Mit der Betrachtung des ganzen Energiesystems können wir die Energie optimal nutzen, so dass der Energiepreis weiter sinken wird.

 

Die Fragen stellte Christa Dettwiler.


Reto Kuhn ist verheiratet und hat zwei Kinder. Vor seinem Physikstudium unterrichtete der ausgebildete Lehrer einige Jahre an einer Realschule. Nach seinem Abschluss in Physik spezialisierte er sich auf die Solarbranche: Er war zuerst bei zwei Firmen, die Produktionslinien für Solarmodule herstellten, und dann sechs Jahre für die ewl tätig. Seit dem 1. September 2023 steht er als Geschäftsleiter dem Verein Solarspar vor.