Klimawandel kostet

Klimawandel kostet

 

Am 2. Dezember tritt das neue Parlament in Bern zur Wintersession an. Es wird sich mit dem CO2-Gesetz zu befassen haben. 2020 wird auch die Gletscher-Initiative eingereicht, die bis 2050 netto null Treibhausgase verlangt. Das heisst, es geht ans Eingemachte. Für alle, die jetzt schon Panik schieben, dass ein voller Tank für den SUV ein paar Franken mehr kostet, und der Flug an die Algarve nicht mehr für 19.95 zu haben ist – gemach. Andere haben echte Gründe für ihre Existenzangst.  

Zum Beispiel die Bewohnerinnen von New York (Flug ab Zürich, Fr. 299). Manhattan ist daran, einen Master Plan auszuarbeiten, wie die milliardenteure Infrastruktur im New Yorker Finanzzentrum vor steigendem Wasser geschützt werden kann. Budget: 10 Milliarden US-Dollar.

 

Wir fliegen weiter nach Texas (kleiner Tipp: Fliegen Sie von Deutschland aus, kostet nur 260 Euro). Texas ist oil country: viele Raffinerien, nahe an der Küste, und das Meer kommt. Der Staat will sich mit Mauern aus Beton, Erdbarrieren, schwimmenden Toren und Dämmen aus Stahl gegen Stürme und Überflutung schützen. Kosten: 12 Milliarden US-Dollar. 

 

Wer soll das bezahlen? Die Texaner halten nichts vom Verursacherprinzip und wollen die öffentliche Hand zur Kasse bitten. Die New Yorkerinnen sehen das etwas anders. 

 

Es ist wohl kein Zufall, dass am 22. Oktober in New York der erste von mehreren Gerichtsfällen gegen Erdölkonzerne eröffnet wurde, bei denen es um viel Geld geht. Der Generalstaatsanwalt verklagte Exxon Mobile vor rund einem Jahr, weil das Unternehmen Investoren mit falschen Informationen über den Einfluss künftiger Klimamassnahmen aufs Ölgeschäft fütterte und die Öffentlichkeit in die Irre führte. Nicht nur Exxon steht am Pranger, auch BP, Chevron, und Shell sehen sich mit ähnlichen Anklagen von Städten und Landkreisen konfrontiert. Sie klagen Gelder von den grossen Ölfirmen ein, um für Schutzmassnahmen gegen die Folgen des Klimawandels zu bezahlen. 

 

Kurz bevor Anklage erhoben wurde, publizierten Wissenschaftler der Harvard, George Mason und Bristol Universitäten einen Report, der detailliert aufzeigt, wie die Erdöl-Industrie die Öffentlichkeit jahrzehntelang über den Einfluss von CO2 auf das Klima täuschte, um Regulierungsmassnahmen zu verzögern oder zu verhindern. Geoffrey Supan, Forscher an der Universität Harvard: «Seit 60 Jahren kennt die Erdölindustrie die Gefahren ihrer Produkte für das Klima. Aber anstatt zu handeln oder die Öffentlichkeit zu warnen, lancierte sie eine massive Kampagne der Verzögerung und der Verleugnung, um ihre Gewinne zu schützen. Die Beweislage ist unbestreitbar: Exxon hat die Öffentlichkeit getäuscht.» 

 

Nichts desto trotz forderte eine texanische Spezialkommission in einem Report 61 Milliarden Dollar von der öffentlichen Hand, um den Staat gegen künftige Naturkatastrophen zu schützen. Die Begriffe «küstennahe Erdölinfrastruktur» und «Klimawandel» kommen im Report nicht vor. 

Christa Dettwiler